Weekly Reports

Erster Wochenbericht SO111 vom 21.8. - 28. 8.1996

Nach planmäßigem Auslaufen von FS SONNE in Victoria am 20.8. um 20:30 Uhr wurden nach Einrichten der Labore bereits am frühen Nachmittag des 21.8. als Tests erste umfangreiche seismische Testmessungen in der Umgebung einer ODP-Bohrung am Kontinentalrand durchgeführt, um gleichzeitig eventuell auftretende technische Probleme frühzeitig zu erkennen und vor dem Eintreffen im Arbeitsgebiet beheben zu können. Nach der erfolgreichen Anpassung der seismischen Datenerfassung und der Luftpulser begannen die Arbeiten im Meßgebiet mit einer CTD-Station auf 47°30'N / 128°015'W, um Basisdaten für die Auswertung der HYDROSWEEP-Daten und der geothermischen Messungen zu gewinnen. 

Auf der Anfahrt zur CTD-Station entdeckten wir einen kleinen, bislang unbekannten Seamount, dessen Spitze sich ca. 150 m über das Niveau der umgebenden hemipelagischen Sedimente erhebt. Die anschließenden ca. 110 km langen reflexionsseismischen Profile senkrecht zum Streichen des Juan de Fuca Rückens begannen in der Nähe eines großen Seamounts bei 47°17'N / 128°03'W, der möglicherweise hydrothermal aktiv ist. Diese Profile dienen zur Erfassung der regionalen Struktur der Sediment-Kruste-Grenze und sind unerläßliche Voraussetzung für die geplanten geothermischen Messungen. Den Abschluß der seismischen Vermessung um den Seamount herum bildete ein ca. 30 km langes, rückenparalleles Profil quer über den Seamount hinweg. 

Aufgrund der vorherrschenden Windrichtung wurde mit den Wärmestromdichte­messungen auf einem rückenparallelen Profil mit Beginn am Fuße des Seamounts begonnen. Bedingt durch die offenbar sehr sandigen Sedimente kam es wiederholt zu mechanischen Beschädigungen des Fühlerrohres der Wärmestromdichtesonde, so daß die Messungen auf diesem Profil nicht fortgesetzt wurden. 

Die regionale seismische Vermessung wurde durch ein weiter nördlich liegendes reflexionsseismisches Profil senkrecht zum Rücken fortgesetzt. Die ursprünglich anschließend an dieses Profil geplante kleinräumige Vermessung sedimentärer Strukturen mit einer hochfrequenten 'water gun' wurde aufgrund von aufgekommendem Wind von bis zu Windstärke 7 verschoben. Da das Wetter sich über Nacht erheblich gebessert hatte, konnten am Morgen des 26.8. insgesamt sechs Ozeanboden-Hydrophone (OBH) entlang eines 20 km langen, rückenparallelen Refraktionsprofiles ausgebracht werden. Im Mittelpunkt dieses Profils liegt die Bohrung 1032A, die auf dem ODP Leg 168 (Juli/August 96) niedergebracht wurde. Das 50 km lange Refraktionsprofil über die OBH-Auslage wurde zum einen mit einer großvolumigen Luftkanone, zum anderen mit einem Array, bestehend aus zwei GI-Luftkanonen, überschossen. Nach Abschluß des Profils konnten alle sechs OBHs problemlos geborgen werden. Die Abspielung der Daten und eine erste Analyse sind zur Zeit in Arbeit.

Gegenwärtig vermessen wir sehr kleinräumige sedimentäre Strukturen mit einer alternierenden Anregung durch eine 'water gun' und eine kleinvolumige GI-Luftkanone. Es konnten sowohl mit dem Parasound Echolot wie auch in den seismischen Profilen eindeutige Hinweise für vertikal verlaufende akustische Anomalien gefunden werden, die möglicherweise mit dem Austausch von Fluiden zwischen Kruste und Meerwasser in Verbindung stehen. Diese kleinräumigen, flächenhaften Vermessungen sollen noch intensiviert werden, sobald der leistungsfähigere Mehrkanalstreamer eingetroffen ist.


Zweiter Wochenbericht SO111 vom 29.8. - 4.9.1996

Die Wärmestromdichtemessungen konzentrierten sich in der vergangenen Woche auf ein ca. 10 km breites Sedimentbecken (47°42' N / 128°55' W ), das sich parallel zum Juan de Fuca Ridge auf ca. 0,8 Millionen Jahre alter Kruste gebildet hat und wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem nordwärts wandernden, propagierenden Cobb Offset entstanden ist. Die Mächtigkeit der Sedimente nimmt von ca. 200 m im Norden auf einer Entfernung von 35 km auf ca. 150 m im Süden ab. 

Zwei Wärmestromdichte-Profile quer zur Beckenachse spiegeln diesen Trend wider: die Abnahme der Sedimentbedeckung ist mit einem Anwachsen der mittleren Wärmestromdichte von ca. 200 mW/m2 auf ca. 600 mW/m2 verbunden. Diese starke Erhöhung kann allerdings nur zum Teil mit der Annahme einer durch hydrothermale Zirkulation isothermen Basement-Sediment-Grenze erklärt werden. Im nördlichen Profil variiert die Wärmestromdichte senkrecht zur Beckenachse um einen Faktor bis zu 3, ohne dabei von nennenswerten Mächtigkeitsänderungen der Sedimente begleitet zu sein. Dies legt die Vermutung nahe, daß diese Variationen Ausdruck von hydrothermalen Zirkulationszellen im oberen Bereich des Basements sind. Ein die beiden Querprofile verbindendes Längsprofil entlang der Beckenachse wird zur Zeit noch ausgewertet. Alle Versuche, Wärmestromdichtemessungen im zentraleren Bereich des Cascadia Basin zu machen, scheiterten an den stark sandigen Turbiditen. Wir werden daher unsere Arbeiten auf rückennahe Bereiche konzentrieren. 

Das zweite Refraktionsprofil mit Ozeanboden-Hydrophonen (OBH) quert die ODP-Bohrung 1028A, die auf ca. 1,5 Millionen alter ozeanischer Kruste niedergebracht wurde. Die Abspielungen der registrierten Daten beider Profile zeigen bis zu einer Entfernung von 35 km klar identifizierbare Ersteinsätze der Kruste-Mantel-Grenze und eines intrakrustalen Refraktors. Zur Zeit vermessen wir ein Refraktionsprofil, das zwischen den ODP-Bohrungen 1023 und 1024 verläuft und Aufschluß über die Struktur der an dieser Stelle ca. 1 Million Jahre alten Kruste liefern soll. 

Neben den einkanaligen reflexionsseismischen Messungen mit großvolumigen Airguns wurden zur detaillierten Untersuchung der nur wenige hundert Meter mächtigen Sedimentbedeckung erstmals eine Watergun und eine Gl Gun (0,4 1) im alternierenden Modus betrieben. Mit dem einsatzbereiten kurzen Streamer konnten auf diesem Wege 16-kanalige, besonders hochauflösende Profile mit der Watergun (über 1 kHz Signalfrequenz) und tieferreichende Sektionen mit der etwas niederfrequenteren Gl Gun auf der gleichen Fahrtstrecke aufgezeichnet und zur Qualitätskontrolle vorläufig prozessiert werden.

Im Rahmen von drei kleinräumigen flächenhaften Vermessungen über einen Zeitraum von knapp 2 Tagen wurden Gebiete untersucht, die sowohl im Parasound wie auch in früheren seismischen Datensätzen vertikale Strukturen als potentielle Migrationswege für Fluide aufweisen. Es zeigte sich eine drastische, aber sehr kleinräumige Variabilität der Reflexionscharakteristik, die eine sehr sorgfältige Kartierung und ggf. Anpassung der Meßstrategie erforderlich machen. Weitere Messungen sind vorgesehen, sobald der inzwischen für das Wochenende avisierte längere Streamer an Bord genommen wurde.


Dritter und letzter Wochenbericht S0111 vom 5.9. -12.9.1996

Das dritte rückenparallele Refraktionsprofil mit Ozeanboden-Hydrophonen (OBH) verläuft zwischen den ODP-Bohrungen 1023 und 1024 und gibt Aufschluß über die Struktur ca. 1 Million Jahre alter Kruste. Wie auch bei den beiden anderen Profilen bilden sich die Oberkante von Layer 2A und ein intrakrustaler Refraktor bis zu Entfernungen von ca. 35 km als Einsätze gut in den gewonnenen Daten ab. Das vierte Profil liegt weiter westlich, nahe des aktiven Rückens, auf noch jüngerer Kruste und bildet den Anschluß an existierende Messungen kanadischer Kollegen, die unmittelbar über dem aktiven Teil des Rückens vor 11 Jahren OBH-Experimente durchgeführt haben. 

Im Gegensatz zu den anderen Profilen, bei denen ausschließlich rückenparallel über die OBH-Auslage geschossen wurde, wurde hier zusätzlich senkrecht zur OBH-Auslage auf einem ca. 40 km langen Profil auf die OBHs zu geschossen, in der Hoffnung, die lateralen Änderungen der Geschwindigkeit von Layer 2A abbilden zu können. Bedingt durch die starke Basement-Topographie auf diesem senkrecht zum Rücken verlaufenden Profil wird erst eine spätere Datenbearbeitung diese Frage beantworten können. 

Das letzte OBH-Profil im Zentrum des Cascadia Basin dient zur Ermittlung der vertikalen Geschwindigkeitsstruktur in den dort ca. 500 m mächtigen Sedimenten. Um auswertbare Reflexionen aus der sedimentären Bedeckung im Steilwinkelbereich zu erhalten, wird eine höherfrequente Quelle bei gleichzeitiger Erhöhung der Schußrate eingesetzt werden.

Weitere Wärmestromdichtemessungen senkrecht zum Streichen eines Sedimentbeckens am Cobb Offset bestätigen die bislang gemachten Beobachtungen: An den Rändern des Beckens ist durch in den Untergrund einsickerndes kaltes Meerwasser die Wärmestromdichte drastisch erniedrigt, die auf den angrenzenden Rücken wieder auf Werte von über 1 W/m2 ansteigt. Diese Beobachtungen zusammen mit gemessenen Temperaturanomalien im Bodenwasser deuten darauf hin, daß an diesen Rücken niedertemperierte hydrothermale Wässer ausströmen. Erklärbar sind die Beobachtungen durch eine Zirkulation im permeablen Teil des Basements über Entfernungen von einigen Kilometern. 

Ein weiteres, das Becken querendes Profil wird zur Klärung dieser Annahme beitragen. Zusätzlich ist ein CTD-Profil geplant, um eine hydrothermale Signatur in der Wassersäule zu erfassen. 

Zum Ende der vergangenen Woche kam endlich die Nachricht, daß das fehlende Element für die hochauflösenden seismischen Vermessungen auf dem Wege zum Schiff war. Die Arbeiten wurden daher Donnerstag nacht eingestellt und der Weg zurück nach Victoria angetreten. Planmäßig konnten die Streamerwinde und zusätzliche Teile am Freitag abend an Bord genommen und innerhalb einer Stunde einsatzbereit an Deck vertäut werden. 12 Stunden nach Verlassen des Hafens wurde dann das Gesamtsystem einem fünfstündigen erfolgreichen Test im Arbeitsgebiet von ODP Leg 146 am Kontinentalrand unterzogen.

Nach weiteren 8 Stunden kam es dann wie geplant zum ersten Meßeinsatz in der Umgebung der ODP Leg 168 Bohrungen. Nach einer Unterbrechung für die beiden letzten OBH-Profile wurden diese Arbeiten fortgesetzt und insgesamt etwa 500 Profilkilometer in kleinräumigen Meßnetzen abgelaufen. Es überraschte die kleinräumige Variabilität innerhalb der Sedimentbecken im Arbeitsgebiet, deren dreidimensionale Struktur nach Auswertung der Daten vielleicht Aufschluß über ihre Ursachen gibt. Durch den alternierenden Einsatz einer volumenreduzierten Gl Gun mit 0,4 L und einer 0,16 L Watergun konnten hinsichtlich des seismischen Auflösungsvermögens und der Signaleindringung alle Erwartungen erfüllt und in beiden Datensätzen der Verlauf des Basements und zahlreiche interne Reflektoren kartiert werden. Das Datenvolumen der 48 kanaligen Registrierungen ist so groß, daß an Bord nur eine vorläufige Sichtung vorgenommen werden kann. Sie zeigt jedoch, daß durch die präzise Lagekontrolle des Streamers und durch die Aufzeichnung hochfrequenter Einzelhydrophone eine erhebliche Verbesserung von Datenqualität und Auflösungsvermögen erreicht werden konnten. Zum Abschluß der Reise wird noch ein knapp eintägiger Survey in einem Sedimentbecken mit anomalen Wärmestromdichteprofilen durchgeführt.


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